Der Hype ums Gravelbike

Was ist denn ein Gravelbike?

Ich bin sicherlich kein Rad- oder Gravelbike Experte. Ich bin lediglich ein leidenschaftlicher Fahrradfahrer der sich recht lange mit dem Thema Fahrradgattungen und den vielfältigen Angeboten am Markt auseinander gesetzt hat. Und wie bei den meisten Leuten war der Grund, eine eventuelle Neuanschaffung. Und natürlich wurde ich Regelrecht überwältigt, als ich versuchte, das für mich perfekte Fahrrad zu finden.

Vorab:

Nach einer langen Radtour von meiner Haustür zur Nordseeküste in Holland (mein erster Blog Beitrag) fielen mir viele Dinge an meinem Tourenrad auf, mit denen ich nicht zufrieden war. Zum Beispiel fahre ich viel lieber und öfter auf unbefestigten Wegen, als es mit meinem Trekking-Rad möglich oder angenehm war. Außerdem gefiel mir meine Schaltung bzw. Übersetzung überhaupt nicht, ich hatte mit schmerzenden Handgelenken und eingeschlafenen Gliedmaßen zu kämpfen, das Fahrgefühl war schwammig bis schwergängig…und so weiter. 

Ich muss sagen, dass ich auch nicht unbedingt das beste Trekking-Rad besitze und das alles auch mit einem, von der Geometrie und der Komponenten passenden Trekking-Rad verbessert hätte werden können, aber wie es halt immer so ist…

Meine Definition:

Bei meiner Recherche nach einem Tourer wurde ich immer wieder auf dieses neuartige „Gravelbike“ aufmerksam gemacht. Eigentlich garnicht mein Fall. Aber anscheinend ist das grad voll In. Was ist das überhaupt? Ein Rennrad mit dicken Reifen!? 

Und das ist das interessante am Gravelbike; so richtig definieren klappt nur bedingt zufriedenstellend. Fast alle namhaften Hersteller scheinen mittlerweile auf den Hype aufgesprungen zu sein und interpretieren das Thema Gravelbike meist für sich, relativ frei. 

Oft ist es das Thema „Freiheit“ gepaart mit dem für mich ebenfalls neuen Begriff des „Bikepackings“. Aber das habe ich doch grad erst hinter mir. Das war für mich aber einfach eine Fahrradtour mit Gepäcktaschen. 

Ich fand heraus, dass die für mich verständlichste Definition diese ist, dass das Gravelbike die perfekte Mischung zwischen Road- und Mountainbike darstellt. Die Geometrie ist nicht so sportlich wie auf einem reinen Roadbike, die Reifen sind deutlich breiter und weisen meist Profil auf, und der Rennrad Lenker hat sogenannten „Flare“. Heißt, dieser geht im Bereich des Unterlenkers meist deutlich nach außen weg um damit mehr Kontrolle und Sicherheit im Gelände zu generieren. Ah Gelände…das hat mich getriggert. Ebenso wie eine entspanntere Geometrie und die oft beworbene Touren bzw. „Endurance“-tauglichkeit. (Endurance; wieder ein neues Wort für Langstrecke) 

Nach weiteren Recherchen fand ich heraus, dass das Gravelbike ja eigentlich nix neues ist und es früher gang und gebe war, dass man dickere Reifen auf den Strassenrenner gezogen hat um damit im Winter zu trainieren oder eben über unbefestigte Wege zu fahren. Der Begriff „Gravel“ kommt übrigens aus dem englischen und bedeutet nichts anderes als „Schotter“/„Geröll“. Mein Interesse war längst geweckt. Dazu kam dann noch, dass ich, wenn ich das Thema Fahrradtouren bzw. Bikepacking in den Browser eingegeben habe, anscheinend viele erfahrene Biker ihre Ausfahrten oder Touren mit so einem Gravelbike bestreiten. Sobald man dann noch auf Fahrrad Blogs oder Foren stößt um sich mit der Materie zu beschäftigen, kommt man an dieser Radgattung nicht mehr vorbei. Etliche Marken bieten nun ihre Definition eines Schotter-Rades an und ich wühlte mich durch die Flut an Materialien, Bauweisen und Komponenten die Langlebigkeit versprechen. Das, so habe ich gelernt, wird mir an meinem nächsten Rad wichtig sein. Interessant auch, die 1×11 Schaltung die Serienmäßig an vielen Rädern dieser Gattung verbaut ist. Auf langen Touren merkte ich immer wieder, dass ich keine 3 Kettenblätter benötige.

Die Auswahl:

Dann war es endlich so weit. Ich hatte mir erstmal einen Überblick verschafft und wollte nun endlich mal so ein Teil Probefahren. Ab in den Radladen meines Vertrauens und nach Rennlenkern Ausschau gehalten. Und da war dann auch ein kleines Angebot zu finden. Zu klein für meinen Geschmack. Aber immerhin konnte man mal ein Tourenrad mit Rennlenker fahren. Das war in meinem Fall zuerst ein Bergamont Rad. Ausgestattet mit Schutzblechen und Gepäckträger und an der Gabel einen Lowrider. Ein perfektes Tourenrad wie es scheint. 

Nach den ersten Metern war ich total begeistert. Es fuhr sich sehr agil, die Schaltung war super zu gebrauchen und intuitiv zu bedienen. Die Sitzposition absolut nicht unangenehm. Damit eine längere Zeit unterwegs zu sein, konnte ich mir direkt vorstellen. Nun kam ich bei meinen Recherchen natürlich an den verschiedenen Materialien nicht vorbei und wusste für mich recht schnell, dass Alu als Rahmenmaterial nichts für mich ist. Mein Trekking-Rad ist aus Aluminium und auf Dauer wirklich harsch und unangenehm. Trotz einer gefederten Sattelstütze merkt man wirklich jeden Stein. Die etwas breiteren Reifen bei meinem ersten Testrad kamen mir da natürlich schon sehr entgegen, was den Komfort angeht. 

Carbon kam für mich eigentlich nicht infrage weil Räder aus diesem Werkstoff verdammt teuer sind und mit der angestrebten Ausstattung mein Budget sprengen. Steel is real hab ich gedacht und wollte unbedingt einen Stahl-Graveller fahren. Das war hier in der Provinz allerdings garnicht mal so einfach. So recherchierte ich weiter und kam schnell darauf, dass es mittlerweile viele kleine, feine Läden gibt die sich geradezu auf Rennrad und Gravelbikes spezialisiert haben. Dazu zählen zum einen die „Schicke Mütze“ in Düsseldorf oder „Staub&Teer“ in Köln. Dort zog es mich also als nächstes hin. Eine Probefahrt mitten in einer Großstadt ist zwar nicht so prickelnd, hat aber gereicht um mich restlos für diese Gravelbikes zu begeistern. Ich bin also auf einem Genesis Stahlrad gefahren, dem Fugio 20, bei der „Schicken Mütze“. Toller  Laden, tolle Beratung. Ich habe mir wirklich Zeit genommen und verschiedene Modelle dieser Marke getestet. Bereits dort merkte ich, dass es anscheinend gerade echt der letzte Schrei ist, so ein Bike zu fahren. Das Angebot in meiner Größe hielt sich, bis auf Genesis, echt in Grenzen und es ist auch erstmal nicht wirklich mehr etwas lieferbar. (Man muss sagen, dass ich auch leider mitten im Sommer auf die Idee kam, den Läden einen Besuch abzustatten) 

Da ich gerne einem deutschen Hersteller den Zuschlag geben würde entschloss ich mich, noch bei „Staub&Teer“ in Köln vorbei zu fahren weil dort wohl einige Räder der Marke „Bombtrack“ rum stehen würden. Dem war auch so, leider nicht in meiner Größe. Alles ausverkauft. Besser auf die neue Saison warten und die 2021 Bikes ckecken!? Auch dort bin ich einige Räder Probe gefahren und konnte den Direktvergleich von Alu zu Stahl machen. Das hat mich enorm weiter gebracht weil ich wusste; Stahl muss es sein. Der Sommer neigte sich dem Ende und meine Lust aufs Radfahren und vor allem auf ein neues Bike wurde schier Grenzenlos nachdem ich wieder einmal alle möglichen Komponenten an meinem Tourenrad änderte um vergebens den Fahrkomfort zu erhöhen. 

Meine Vorlieben:

Alles was ich im Auge hatte, und worüber ich im Netz viel gutes gelesen habe, war ausverkauft oder momentan nicht lieferbar. Sehr frustrierend. 

Dann bin ich auf die Marke „Kona“ gestoßen, die im MTB Bereich einen guten Namen haben und anscheinend ein Stahl Bike im Programm haben, welches alles das besitzt was ich mir so vorstelle. Eine 1×11 Schaltung von Sram, Stahlgabel, (mittlerweile eher selten bei den neuen Rädern. Carbongabeln scheinen der letzte Schrei zu sein) Mechanische Scheibenbremsen von denen viele erfahrene Fahrer in hohen Tönen sprechen, genügend Anschraubpunkte für Gepäckträger, Schutzbleche etc. und eben Style. Auch nicht ganz unwichtig bei nem neuen Fahrrad. 

Also machte ich mich auf die Suche nach Händlern die Kona Bikes zum Probefahren auf Lager hatten. Fündig wurde ich im fahrrad.de Store in Dortmund. Hm…eine große Kette…doof. Egal, erstmal hin und Probe fahren. Und das Kona Rove ST war sogar in verschiedenen Größen da. Super! Und sogar einige andere Räder in verschiedenen Materialien und Preisklassen. Ziemlich lange bin ich wie ein Irrer auf dem großen Parkplatz rum gefahren. Salsa, Rondo, Bergamont…alles war dabei. Aluminium, Stahl… aber das Kona hat es mir angetan. Agil wie eine Antilope, gemütlich zu fahren, tolles Handling. Ich habe mich direkt zu Hause gefühlt. Habe gleich 2 Größen ausgiebig probe gefahren. (das kann ich übrigens nur jedem empfehlen, der sich ein neues Rad kaufen möchte) ich wollte dennoch gerne eine Nacht drüber schlafen und am nächsten Tag wieder kommen und die engere Auswahl nochmal in verschiedenen Größen fahren.

Und auch am nächsten Tag war es das Kona Rove mit der etwas ausgefallenen Lackierung. Ein ziemlich eigenständiges Violett. Sogenanntes „Ultraviolet“. Die Komponenten sagten mir zu, die Optik war perfekt und meine Entscheidung stand fest. Preislich war es auch absolut in meinem Budget. Nach einiger Verhandlung schlug ich noch die benötigten Anbauteile wie Pedale, Flaschenhalter, Licht, Asssaver etc. heraus und das Ding war geritzt. Die Werkstatt baute mir die Teile an und ich konnte es kaum erwarten, mit dem Ding in den Wald zu fahren.

Die erste Ausfahrt:

Wie auch schon im Laden, war ich begeistert von der Optik und vom Komfort den es mir direkt geboten hat als ich die ersten Meter gefahren bin. Auf den heimischen Waldwegen wurde es schier unglaublich wie agil so ein Gravelbike ist (im Vergleich zu einem schweren Trekking-Rad) und wie sicher man damit selbst auf MTB Trails unterwegs ist. Ein Traum wurde wahr. Ich konnte die Wege ballern, die ich immer schon fahren wollte. Und das in einem Tempo und mit einer Sicherheit die mir bis dahin nur vom Mountainbike bekannt war. Aber das ganze deutlich agiler und schneller. Ich bekam das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. 

Ich wollte mit dem Bike auch meinen Arbeitsweg bestreiten. Auch der Winter, Waldwege oder ähnliches sollten mich nicht aufhalten können. Und so ist es auch heute noch, 4 Monate nachdem ich die ersten Meter mit dem Rad gefahren bin. Bereits 2500km habe ich seit ende Juli mit dem Bike unter die Räder genommen und es macht jeden Tag noch etwas mehr spaß damit zur Arbeit zu fahren, über unbefestigte Umwege zurück zu fahren, tolle Tagestouren zu machen…ich bin begeistert. Leider befinden wir uns ja seit Anfang des Jahres in der Corona Pandemie und bisher kam es noch zu keiner mehrtägigen Radreise. Allerdings weiß ich, dass es mit dem Rad ein Riesenspaß wird und hoffe, dass die Welt im Jahr 2021 wieder anders aussieht. Ich denke, man merkt dem Blog Beitrag meine Begeisterung für das neue Fahrrad an. 😉

Auf dass ich euch in 2021 über meine sogenannten Bikepacking-Trips berichten kann.

Ich habe diese Zeilen geschrieben weil ich bestimmt nicht der einzige bin, für den diese Fahrradgattung absolutes Neuland war und ich damit vielleicht eine Entscheidungshilfe sein kann. Oder ein Ansporn, oder eine Inspiration. 

Ich hoffe, der Funke ist übergesprungen. Hinterlasst mir doch gerne einen Kommentar. 

Kette rechts, 

Maik